Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Reinhard: Danke, Schwester!

Tramayes bis Gros Bois, 20 km

Ich finde, wir sind wirklich gut! Wären wir bisher NUR den spanischen Jakobsweg gegangen, hätten wir schon unser Ziel Santiago de Compostela erreicht. Über 900 Kilometer liegen hinter uns und wir sind noch nicht müde. Von mir kann ich sagen, auch wenn ich abends ganz schön kaputt bin, steige  ich doch jeden Morgen mit viel Freude wieder in die Schuhe und mache mich wieder auf den Weg. Ich glaube, bei Anni ist es nicht anders und bei Sira hoffe ich es wenigstens.

 

Aber nun genug der Selbstbeweihräucherung, jetzt zum Tag: Zum Frühstück treffen wir uns alle fünf auf einem Zimmer, diesmal wollen wir uns das zusätzliche Geld für ein Petit Dejeuner sparen. Nanni kocht in der Dusche das Wasser für den Kaffee, Veronika schmiert für Anni und mich die Baguettes (weil sie es gern und gut macht!), im ganzen Zimmer stinkt es nach Camembert und Knoblauch-Frischkäse und wir alle krümeln hingebungsvoll in die Betten. Ausreichend satt machen sich anschließend ich auf zum Office de Tourisme und Veronika nochmal zu einem kurzen Einkauf.

 

Während Veronika ihren Einkauf zügig erledigt, werde ich im Touri-Büro ganz schön auf die Folter gespannt. Ich will uns doch nur drei Betten für morgen Abend sichern, aber das ist wahrlich nicht einfach! Entweder ist alles voll, weil ja Wochenende ist, außerdem noch Ostern, oder der Beherbergungsbetrieb ist noch gar nicht aus dem Winterschlaf erwacht oder mit Hund geht nichts. Außerdem müssen die Etappenlängen noch einigermaßen sinnvoll sein. Die bemühte Mitarbeiterin versucht ihr bestes und nach dem ca. zehnten Telefonat hat sie Erfolg. Drei Betten sind uns sicher und auch ein Platz für Sira. Jetzt können wir uns beruhigt auf die Socken machen.

 

Wir verabschieden uns von Nanni und Johan vor der Hoteltür. Die Beiden wollen mindestens bis  zur nächsten Autobahnraststätte trampen und von dort aus so zügig wie möglich weiter nach Barcelona. Wir verabreden, uns in etwa vier Wochen erneut zu treffen, für ein paar weitere Tage gemeinsamen Gehens. Letzte Umarmungen und wir gehen wieder getrennte Wege.

 

Nach dem gestrigen sonnigen Nachmittag hängen die Wolken heute wieder tief. Von den rundum recht hohen Bergen sieht man nicht viel und es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann es zu regnen anfängt. Wir haben gerade die erste Höhe erklommen, da ist es auch schon so weit: Erst kommt der feine Niesel, dann der recht heftige Regen. Unter Poncho und Regenschirm stapfen wir dahin, Sira ist "not amused". Eine Pause ist fällig, aber wo ist der passende Regenschutz?

 

Jetzt tritt Jakobus wieder auf den Plan: Aus der Tür eines unscheinbaren Hauses in Cenves sehen wir eine junge Ordensschwester die Treppe hinuntereilen, um ihre Mitschwester aufzusuchen, die in einer Art Kellerraum Blumen in einer  großen Vase zusammensteckt. Veronika fragt, ob wir uns mit in den Raum setzen dürfen um zu rasten. Postwendend kommt das Angebot, Mutter Oberin zu fragen, ob wir nicht drinnen im Warmen und Trockenen einen Kaffee trinken können. Wir wittern Geborgenheit und warten auf das Ergebnis der Anfrage an höchster Stelle. Welches dann lautet: Wir könnten reinkommen, aber der Hund müsse draußen bleiben. Das geht für uns natürlich gar nicht! Wir sehen schon unseren Kaffeegenuss schwinden, als eine weitere Schwester uns anbietet, den einmal in Aussicht gestellten Kaffee in die angrenzende Scheune zu bringen. Wir signalisieren Begeisterung und zehn Minuten später steht er auf einem Tablett neben uns. Gleichzeitig kommt ein Minibus vorgefahren. Eine Abordnung der Schwestern kommt just vom Großeinkauf zurück und nun wird das Auto ausgeladen und Gemüse, Obst, Getränke, Blumen usw. werden von einer  Anzahl  junger  Schwestern ins Klosterinnere verbracht. Ab und zu schaut die ein oder andere zu uns hinüber und lächelt oder winkt uns schüchtern zu. Der Kaffee wärmt uns prächtig auf.

 

Es regnet immer noch, als wir weiterziehen. Wir bleiben auf der Straße von Cenves nach Saint-Jacques-des-Arrets, die Waldwege könnten heute zu matschig sein. Wir kommen gut voran, pfeifen auf das Wetter und plauschen und scherzen. In einem kleinen, niedrigen Holzschuppen machen wir nochmal Rast, dann begeben wir uns auf den Endspurt.

 

Über eine kleine Steinbrücke kommen wir nach Ouroux, wo wir in der Schule noch Kindergeschrei hören, dann geht es bergauf - und das nicht zu knapp. Wir schrauben uns immer höher durch dichten Fichtenwald, immer entlang einer nicht enden wollenden hohen Steinmauer. Wie wir später feststellen, ist es die gewaltige Umfassungsmauer der Burg Gros Bois, die uns sogar bis zum Burgtor begleitet. Im älteren Burgbereich finden wir unsere heutige Pilgerherberge, im neueren Schlossbereich wird man uns morgen früh das Frühstück kredenzen. Drinnen ist es nicht gerade warm, aber in der Küche bemüht sich ein Holzofen um etwas Wärme, oben bei den Schlafräumen versucht ein Radiator sein bestes.

 

Veronika kocht uns ein leckeres Abendessen, ich spüle. Jedem das, was er kann. Wir bleiben nicht die Einzigen in der Herberge, zwei offensichtlich befreundete Paare kommen später dazu. Auch Pilger etwa? Sie sind weder nass noch dreckig, so wie wir hier eingelaufen sind. Sind sie mit dem Auto hierher angefahren und beginnen morgen ihr Pilgerabenteuer? Wir werden es erfahren.

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Kommentare: 1
  • #1

    Dani (Dienstag, 02 April 2013 13:00)

    Ihr schlaft aber ganz schön oft in Schlössern. Nach pilgermäßiger Bescheidenheit hört sich das nicht gerade an ;o)