Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Annika: Schöner Tag!

Von Pommiers-en-Forez nach Montverdun, 18 km

Zunächst einmal möchte ich Euch und uns zum Knacken der 5000er-Marke gratulieren. 5000 Klicks auf unsere Homepage! Wir sind begeistert! So viel und vor allem solch anhaltendes Interesse an unserer Reise und unserer Homepage hatten wir nicht erwartet. Eigentlich arbeite ich seit drei Wochen schon für dieses Jubiläum an einem persönlichen Dank an jeden einzelnen Kommentator und Gästebucheinträger, aber diese Sache ist mir irgendwie über den Kopf gewachsen. Bei dieser gewaltigen Resonanz werde ich damit ja nie fertig! Außerdem artet das ganze ja auch schon wieder in ein 30-seitiges Werk aus und das will dann ja so langsam auch keiner mehr lesen. Also sag ich es hier im Kurzen: ich freue mich über jeden eurer Einträge und auch bei mir ist es zur Sucht geworden, hier vorbeizuschauen, um zu sehen, ob ihr etwas Neues für uns hinterlassen habt. Auf die nächsten 5000!

So schön, wie der gestrige Tag war, so kalt war die Nacht. Trotz Fleeceschlafsack, Wolldecke und Heizkörper wurde es nachts ganz schön frostig. Ich hab mir um zwei Uhr nachts Wollsocken, Fleecejacke und Jogginghose angezogen, aber trotzdem den Rest der Nacht gebibbert. Dem Hund war scheinbar auch zu kalt. Jede halbe Stunde stand sie auf, drehte eine Runde, stand ratlos im Raum und legte sich wieder auf ihre Decke. Am Liebsten hätte ich sie zu mir ins Bett geholt. Damit wäre uns beiden geholfen gewesen. Aber der Anstand hat mal wieder gesiegt.

  Nach einer durchgefroren Nacht tut der Tee/Kaffee zum Frühstück und Veronikas Rührei gut. Wirklich warm wird uns dadurch allerdings nicht. Ziemlich zügig machen wir uns auf den Weg. Heute sind wir endlich wieder komplett. Nach zwei Ruhetagen hat Veronika heute entschieden, wieder mit uns zu laufen. Quasi den letzten ganzen Tag. Morgen läuft sie noch bis zur Hälfte mit, bevor sich unsere Wege trennen und sie die Heimreise antritt. Schade. Unsere Truppenmutti wird uns fehlen. Es ist immer etwas besonderes, wenn jemand einem ungefragt die Brote schmiert, den Tee kocht, für die Truppe einkauft, uns bekocht... Und alles wie selbstverständlich. Eben wie eine Mama. Und wir haben immer eine Menge zusammen und übereinander zu lachen. Aber bald ist sie ja wieder dabei...

Wir verlassen den Campingplatz und laufen zunächst immer an der Landstraße entlang. Es ist zwar sonnig, aber immer noch recht kalt. Wir müssen zügig laufen, damit unser Kreislauf in Gang kommt und uns warm wird. Besonders schwer fällt der zügige Schritt nicht; Wo wir uns doch die letzten Tage noch munter die Hügel auf und ab kämpften, laufen wir heute durch weeeeeite, flache Ebenen.

Über den Feldern kreisen Schwärme von Vögeln, die merkwürdige Laute ausstoßen. Sie klingen wie kichernde Hexen, die auf ihren Besen umherfliegen. Da fällt mir ein: Mama, bald ist Walpurgisnacht! Und ich bin nicht da, um mit dir auf den Blocksberg zu reiten! So eine Schande!

Der erste Ort, den wir durchlaufen, ist das beschauliche Dörfchen Bussy-Albieux. Heute haben wir uns entschlossen, uns schon früher mit der Organisation unserer Futtersuche zu befassen; Wo es Lebensmittel zu kaufen gibt, kaufen wir ein, wir warten nicht mehr aus tragetechnischen Gründen bis kurz vorm Etappenziel. Hier im Ort haben wir nicht viele Möglichkeiten. Es gibt eine Bäckerei, das war's. Man nimmt, was man kriegt. Allerdings hat diese Bäckerei für französische Verhältnisse eine Mordsauswahl. Es gibt Baguette, Croissants, aber auch Schokocroissants, Milchbrot und gehaltvolles Krustenbrot. Wir sind begeistert und marschieren mit zwei Krustenbroten, zwei Croissants und einem Schokoweck aus dem Geschäft. Hmmm, dieser Duft!

Wir passieren Arthun und laufen weiter durch die Weidelandschaft. Nachdem wir eine riesige Burg (die mehr ein Schloss war) mit einem noch riesigeren Garten (der mehr ein Anwesen war) passiert haben, ist es schon Zeit für unsere erste Rast. Wir lümmeln uns mal wieder an einen Feldrand und ich ergötze mich an unserem köstlichen, frisch gekauften Brot. Sira ergötzt sich derweil auch: Sie hat scheinbar einen unwiderstehlichen Duft wahrgenommen, irgendwo unter der Erde. Die nächsten zwanzig Minuten verbringt sie damit, sich bis ans andere Ende der Welt durchzugraben. Sie hängt kopfüber im Erdloch, schmeißt mit Erde um sich, erlegt Regenwürmer und Wurzeln, scheint aber immer noch nicht gefunden zu haben, was sie sucht. Sie ist unermüdlich. Als wir weiterziehen, kriege ich sie kaum losgerissen.

Der weitere Weg führt uns kilometerlang schnurstracks geradeaus über eine kaum befahrene Teerstraße. Im Vergleich zu gestern haben wir heute wieder etwas weniger Glück mit dem Wetter. Wolken verhindern den strahlenden Sonnenschein, den wir die letzten Tage genießen durften. Solange es nicht regnet, sind wir zufrieden.

Wir erreichen Sainte-Agathe-la-Bouteresse und machen eine weitere Rast am Fluss, bevor wir an der Landstraße weiterlaufen bis Montverdun. Aus dem Ort sehen wir bereits das alte Kloster, unsere Unterkunft, die auf dem Hügel thront. Wir erklimmen den einzigen Anstieg des Tages, bevor wir in unseren Schlafsaal geführt werden. Düster und kalt, wie eine Katakombe. Allerdings unser eigenes Reich, mit Radiator und Licht, also ausbaufähig. Der andere Schlafsaal wird belegt von zwei deutschen und einem französischen Radler, mit denen wir uns in der Gemeinschaftsküche unterhalten.

Veronika kocht, Papa duscht und Sira wird gleich in die ummauerte Klosteranlage entlassen.

Ein schöner Abend!

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Kommentare: 5
  • #1

    Mama Ingrid (Donnerstag, 04 April 2013)

    Ja ja, typisch. Kaum denkst du an Hexen, da falle ich dir auch schon ein. Was Herr Freud wohl dazu gesagt hätte?! Aber bis zur Walpurgisnacht dauert es ja noch ein Weilchen...
    Wo sind eigentlich die aktuellen Fotos? Ihr erzählt so spannende Dinge, schreibt von Klostern und Schlössern und von unwahrscheinlichen Fotomotiven - und nix ist zu sehen! Irgendwelche Probleme? Ich vermisse die tollen Fotos echt, besonders das "Es-ostert-Foto" hat viel Atmosphäre.
    Bis dann, Küsse an Sira.
    Mama

  • #2

    opaundafrikapilgern (Freitag, 05 April 2013 07:43)

    Hallo, Mama! Das mit den Fotos ist wirklich schade. Ja, es gibt Probleme. Nirgends W-Lan und mit meinem O2-Paket überall ganz bescheidenen Empfang. Ich versuche es jeden Tag aufs Neue und bin nach zwei Stunden froh, wenn ich wenigstens das Tagesfoto hochgeladen kriege... Aber wir bemühen uns weiter. Liebe Grüße!

  • #3

    Dani (Freitag, 05 April 2013 09:44)

    Für mich ist das Lesen auch zur täglichen Zeremonie geworden. Bin gespannt, was ihr noch alles erlebt.

  • #4

    Mama (Freitag, 05 April 2013 19:31)

    Okay, Anni, mach dir keinen Kopp! Dann schauen wir uns die Fotos eben nachher mit den persönlichen Kommentaren von Papa und dir an.
    Auch ganz liebe Grüße

  • #5

    u=251432 (Montag, 22 April 2013 00:40)

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