Pilgern mit Hund nach Santiago de Compostela

Translation:

Was muss vorm Pilgern organisiert und überlegt werden?

Annika

 

Wenn Sira und ich ohne meinen Vater gepilgert wären, hätte meine Reiseplanung sehr einfach ausgesehen: Such das blaugelbe Schild, lauf ihm nach, wenn du nicht mehr kannst, schlägst du dein Zelt auf, läufst am nächsten Tag weiter den Schildern nach und kommst so irgendwann in Santiago de Compostela an. Das wäre mein Plan gewesen. Unorganisiert? Ja! Unvernünftig? Würde ich so nicht sagen. In meinem Jahr in Sambia habe ich festgestellt, dass die Dinge auch ohne Planung überraschend gut funktionieren können und man so sehr befreit leben kann, ohne Vorgaben und mit dem Vertrauen in ein bisschen Glück und dem "Es wird sich schon alles fügen"-Gedanken.

 

Jetzt war es aber so, dass ich eben doch mit meinem Papa gewandert bin. Und trotzdem blieb meine Organisation ziemlich ähnlich bzw. ich verließ mich sehr auf Papas Planung. Das war zwar nicht sehr erwachsen von mir, aber was soll`s! Wenn ich schon mit meinem Papa loszog ...

 

Was meine sonstige Reiseplanung anging: Ich hatte mein Hundchen, seit ich es mir angeschafft hatte, auf diesen Trip vorbereitet. Seit sie klein war, lernte sie, Geschirre zu tragen, Zug zu fahren, soviel wie möglich draußen zu sein und lange Strecken zu gehen.

 

Mit ihr war ich auch bei Hundeschule und Tierarzt vorstellig geworden, um zu klären, ob sie für eine solche Unternehmung gerüstet war und was ich für sie an Reiseapotheke mitnehmen sollte. Außerdem hatte ich den Hunderucksack vom Tierarzt absegnen lassen.

 

Ich selbst hatte mir auch noch einmal bei sämtlichen Ärzten Kontrolltermine geben lassen, um voll fit auf Tour zu gehen. Um uns an den täglichen Marsch mit Gepäck zu gewöhnen, gingen Sira und ich jeden Mittag mindestens zehn Kilometer, inzwischen auch mit Marschgepäck.

 

 

Reinhard

 

Jetzt kommt Papas Planung!!!

 

Ich muss ja zugeben, dass ich in dieser Hinsicht etwas anders gestrickt bin als mein Töchterchen. Ich verstehe das jugendliche Bedürfnis, alles auf einen zukommen zu lassen, sich überraschen zu lassen, einfach loszulassen. Diese Einstellung kann beglückende Momente mit sich bringen. Kann! Es kann aber auch mal anders sein.

 

Für mich steht und fällt eine gute Langstreckenwanderung mit der Qualität der Vorbereitung. Zum einen bringt mir diese Vorbereitung einen gewissen Grad an Sicherheit, zum anderen ist sie gleichzeitig ein immerwährender Quell der Vorfreude, die ich nicht missen möchte.

 

Zunächst einmal stellte ich mir die Frage: Bist du körperlich fit für diese Unternehmung? Wanderungen in den letzten Jahren hatten mir gezeigt, dass ich 25 bis 30 Kilometer am Tag durch eine Mittelgebirgslandschaft noch relativ problemlos wandern konnte. Ich weiß mit meinen Grenzen und meinem "inneren Schweinehund" umzugehen. Trainingswanderungen in den letzten Wochen hatten bewiesen, dass ich noch gut drauf bin. Bezüglich meines Körpers wollte ich es aber nochmal ganz genau wissen und hatte mich von den verschiedensten Fachärzten wieder mal durchchecken lassen. Keiner von ihnen hatte Bedenken.

 

Nächste Frage: Reichen deine finanziellen Ressourcen? Eine in "Fachkreisen" anerkannte Faustregel besagt: In Deutschland und in Frankreich muss der Jakobspilger mit drei Euro pro Kilometer rechnen, in Spanien mit einem Euro, Tendenz steigend. Das ist natürlich abhängig davon, wie und wo man schläft und was und wieviel man isst und trinkt, wieviel Besichtigungen (mit Eintritt) man sich gönnen möchte und wieviel unvorhergesehene Ausgaben sich eventuell ergeben. Ich war mir sicher, dass ich mit einem sehr einfachen Leben unterwegs zurechtkomme und ausreichend Geld dafür in den letzten Monaten auf die hohe Kante legen konnte.

 

Wie sieht es mit Kleidung und Ausrüstung aus? Noch nie war ich auf einem Weg unterwegs, der mich auf seinen 3000 Kilometern durch drei Jahreszeiten und die unterschiedlichsten Naturräume führte. Hier mussten wir schon genau hinschauen und prüfen, ob wir richtig ausgestattet waren und ob trotzdem alles auch noch "tragbar" war.

 

Wie und wo werden wir schlafen? Diese Frage bereitete uns wohl die meisten Kopfzerbrechen. Weder in Deutschland noch in Frankreich und erst recht nicht in Spanien konnten wir sicher sein, mit Sira in einer Pension oder einer Herberge unterzukommen. Ganz zu schweigen von den Übernachtungskosten, die  wochenlang auf uns zukamen. Deswegen blieb die Mitnahme eines Zeltes die einzige Antwort. Aber noch war Winter! Würden wir immer ins Zelt ausweichen können? Oder tat sich ab und zu auch einmal eine andere Tür auf ...? Wie es dann wirklich war, kann man unter "Der Weg - Jeder Tag in Wort und Bild" nachlesen.

 

Wie finden wir den richtigen Weg? Gängige Wanderführer und nahezu alle in Foren berichtende Jakobspilger waren der Meinung, dass der Weg durchgehend ausreichend markiert ist, so dass das Mitführen von Wanderkarten nicht notwendig war. Wir vertrauten darauf und handelten entsprechend.

 

Wie ist die Etappenplanung? Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, lagen diesmal die Tagesziele (bis auf die kurze Strecke nach Köln) noch nicht fest. Ich hatte zwar die gesamte Strecke mal in Etappen von durchschnittlich 22-23 Kilometern aufgeteilt (siehe "Landschaften und Etappen an unserem Jakobsweg"), allerdings nur um herauszufinden, wie lange ungefähr unsere Tour dauern würde. Außerdem schien mir dies auch eine tägliche Distanz zu sein, die wir Sira zutrauen konnten. Ruhetage waren keine angedacht, eher mal kürzerer Tagesetappen. Damit man nicht aus dem Tritt kam ...

 

Völlig unvorbereitet waren wir in der französischen und spanischen Sprache. Hier wollten wir es eben mit Händen und Füßen sowie mit unserem sprichwörtlichen Charme versuchen.

 

Unterm Strich fand ich, wir waren gut vorbereitet!